Erfahrungen

3.000 km in 10 Tagen: Mein Motorrad-Abenteuer in Norwegen

Persönlicher Erfahrungsbericht einer Solo-Tour durch Südnorwegen. Route, Kosten, Highlights und Pannen – alles authentisch dokumentiert.

20. Nov 2024 15 Min. Lesezeit 4.892 Aufrufe Matthias S.

Nach Jahren des Planens war es endlich soweit: Im September 2024 machte ich mich mit meiner BMW R 1250 GS auf den Weg nach Norwegen. 10 Tage, 3.000 Kilometer, unzählige Kurven und Eindrücke, die ich nie vergessen werde. Dieser Bericht soll anderen Motorradfahrern helfen, ihre eigene Norwegen-Tour zu planen.

Gesamtstrecke
3.042 km
Dauer
10 Tage
Gesamtkosten
2.187 €
Motorrad
BMW R 1250 GS

Die Vorbereitung: Was ich gelernt habe

Die Planung begann bereits im Februar. Ich wusste, dass der September ideal sein würde – weniger Touristen, oft noch gutes Wetter und die spektakulären Herbstfarben in den norwegischen Wäldern.

Wichtigste Vorbereitungen

Checkliste vor der Abfahrt

  • Inspektion beim BMW-Händler (inkl. Bremsen und Reifen)
  • Zusätzlicher Satz Bremsbeläge im Gepäck
  • Kettenspray und Werkzeug
  • Regenkombi (wurde täglich gebraucht!)
  • Powerbank für GPS und Smartphone
  • Erste-Hilfe-Set erweitert um Pflaster für Blasen

Besonders wichtig war die Buchung der Fähre. Ich entschied mich für Fjord Line von Hirtshals nach Kristiansand mit dem schnellen Katamaran FJORD FSTR. Die Buchung machte ich 4 Monate im Voraus über die norwegische Website – Ersparnis gegenüber der deutschen Seite: 45 Euro!

Tag 1-2: Anreise und Fährüberfahrt

Die Anreise von München nach Hirtshals war entspannt. 950 km über die A7, viel Autobahn, aber schon in Dänemark wurde die Landschaft schöner. Ich kam am Vorabend an und übernachtete auf einem kleinen Campingplatz direkt am Hafen – Hirtshals Camping (25 € inkl. Strom).

Die Fährüberfahrt: Meine Eindrücke

Tipp: Früh zum Check-in

Ich war 90 Minuten vor Abfahrt da – und das war gut so! Die Schlange war schon beachtlich. Motorräder werden zwar bevorzugt abgefertigt, aber bei voller Auslastung kann es eng werden. Die Crew war super freundlich und half mir beim Verzurren des Bikes.

Die 2 Stunden 25 Minuten Überfahrt vergingen wie im Flug. Der Katamaran ist beeindruckend schnell und erstaunlich ruhig, trotz 1-2 Meter Wellen. Ich saß draußen auf Deck, genoss den Wind und die Vorfreude auf Norwegen.

Kostenpunkt Fähre: 189 € (Motorrad + Fahrer, September-Preis mit Frühbucher-Rabatt)

Tag 3-5: Südnorwegen und die Küstenstraße E39

Nach der Ankunft in Kristiansand um 12:30 Uhr ging's direkt los Richtung Westen. Mein erstes Ziel: Stavanger und der berühmte Preikestolen.

Die Route im Detail

  • Tag 3: Kristiansand → Stavanger (230 km)
    E39 entlang der Südküste. Traumhafte Aussichten, kleine Fischerdörfer. Zwischenstopp in Mandal (südlichste Stadt Norwegens). Übernachtung in Stavanger.
  • Tag 4: Preikestolen-Wanderung
    Früh morgens zum Parkplatz (Motorrad parken kostenlos!). 4 Stunden Wanderung zum Preikestolen – absolutes Highlight! Nachmittags weiter nach Haugesund.
  • Tag 5: Haugesund → Bergen (170 km + 2 Fähren)
    Fähre Mortavika-Arsvågen (25 Min., 12 € Motorrad) und Sandvikvåg-Halhjem (40 Min., 18 €). Bergen: Bryggen erkundet, Fischmarkt besucht.

Achtung bei den Fähren!

Die Fähren auf der E39 fahren zwar regelmäßig, aber in der Saison kann es voll werden. Als Motorradfahrer hatte ich Glück – wir wurden vorgezogen und konnten immer auf die nächste Fähre. Aber plant einen Zeitpuffer ein!

Tag 6-7: Das Highlight – Atlantikstraße und Trollstigen

Von Bergen ging's weiter nach Norden zur legendären Atlantikstraße. Die 420 km Strecke war eine der schönsten, die ich je gefahren bin.

Atlantikstraße: Jeder Meter ein Genuss

Die 8,3 km lange Atlantikstraße zwischen Kårvåg und Vevang ist ikonisch. Sieben Brücken über kleine Inseln, das Meer zu beiden Seiten, spektakuläre Ausblicke. Ich bin die Strecke dreimal hin und her gefahren – einfach magisch!

Fotostopp-Tipp

Der beste Spot für Fotos ist am Parkplatz bei der Storseisundet-Brücke. Früh morgens oder später Nachmittag für optimales Licht. Ich war um 7 Uhr da – komplett allein!

Trollstigen: Nervenkitzel pur

Am nächsten Tag dann der Trollstigen. 11 Haarnadelkurven auf 9 km Strecke, 850 Höhenmeter. Als Motorradfahrer ein absoluter Traum! Die Straße ist perfekt asphaltiert, die Kurven eng aber fair.

Wichtig: Morgens früh losfahren! Ab 10 Uhr kommen die Touristenbusse, und dann wird's eng. Ich war um 8:30 Uhr oben und hatte die Strecke fast für mich allein.

Tag 8-9: Rückweg über die Telemark

Für den Rückweg wählte ich die Route durch die Telemark – eine landschaftlich spektakuläre Alternative zur E39. Über die RV9 und RV37 zurück Richtung Kristiansand.

Die Telemark ist weniger touristisch, aber nicht weniger schön. Endlose Wälder, kristallklare Seen, kaum Verkehr. Hier konnte ich das Motorrad mal richtig laufen lassen.

Tanken in Norwegen

Tankstellen sind seltener als in Deutschland. Mit meinem 20-Liter-Tank der GS hatte ich eine Reichweite von ca. 350-400 km. Ich tankte immer bei halbleerem Tank nach. Die meisten Tankstellen sind Self-Service und akzeptieren Kreditkarten.

Die Kosten im Detail

Norwegen ist teuer – das wusste ich vorher. Trotzdem war ich überrascht, wie schnell sich die Kosten summieren. Hier meine komplette Kostenaufstellung:

Kostenübersicht 10 Tage Norwegen-Tour
Fähre Hirtshals-Kristiansand (Hin- und Rückfahrt) 378 €
Benzin (ca. 220 Liter à 2,10 €/L) 462 €
Übernachtungen (8x Campingplatz, 1x Hostel) 345 €
Verpflegung (Mix aus Selbstversorgung & Restaurant) 520 €
Fähren in Norwegen (E39 + kleinere) 67 €
Maut (automatische Erfassung) 185 €
Sonstiges (Eintritte, Notfall-Ausrüstung) 230 €
Gesamtkosten 2.187 €

Spartipps

  • Selbstversorgung: In Norwegen koche ich meist selbst. Ein Abendessen im Restaurant kostet schnell 30-40 €.
  • Camping statt Hotel: Mit Zelt auf Campingplätzen gespart. Hotel hätte mindestens 100 €/Nacht gekostet.
  • Jedermannsrecht nutzen: An 2 Tagen wild gecampt (erlaubt in Norwegen) – 0 € Übernachtung.
  • Früh tanken: Preise variieren stark. In kleinen Orten oft 20 Cent/L günstiger als an Autobahnen.

Was lief nicht so gut: Meine Pannen und Probleme

Nicht alles lief perfekt – und das gehört zu einem ehrlichen Reisebericht dazu:

Problem 1: Regen, Regen, Regen

Von 10 Tagen hatte ich 7 Tage Regen. Teilweise Dauerregen über Stunden. Meine "wasserdichte" Regenkombi war nach 3 Tagen durch. Ich musste mir in Bergen neue Regenkleidung kaufen (200 €!). Investiert in RICHTIG gute Regenkleidung – es lohnt sich!

Problem 2: Unterschätzter Zeitaufwand

Ich hatte mir zu viel vorgenommen. Die engen Straßen, das viele Anhalten für Fotos, die Fähren – alles braucht mehr Zeit als gedacht. Mein ursprünglicher Plan, auch noch Geiranger zu besuchen, musste ich streichen.

Problem 3: Maut-Chaos

Die automatische Mauterfassung funktioniert super – aber die Abrechnung kommt erst Wochen später. Ich hatte keine Ahnung, was mich erwartet. Tipp: Registriert euch vorher bei AutoPASS, dann habt ihr Kontrolle über die Kosten.

Wichtiger Hinweis zur Maut

In Norwegen gibt es keine Mautstationen mehr. Die Erfassung läuft automatisch über Kameras. Die Rechnung kommt 2-3 Monate später per Post. Bei mir waren es 185 € für 10 Tage – mehr als erwartet!

Mein Fazit: Würde ich es wieder tun?

Ohne zu zögern: JA! Diese Tour war eines der besten Erlebnisse meines Lebens. Die Freiheit auf dem Motorrad, die spektakulären Landschaften, die netten Menschen – unbezahlbar.

Was ich beim nächsten Mal anders machen würde

  • Mehr Zeit einplanen: 14 Tage wären besser gewesen. 10 Tage sind sehr sportlich.
  • Bessere Regenkleidung: Nicht am Equipment sparen – ihr werdet nass!
  • Frühere Saison: Juni/Juli für besseres Wetter, dafür mehr Touristen.
  • Kleines Zelt mitnehmen: Für spontanes Wildcampen und noch mehr Flexibilität.
  • GPS mit Offlinekarten: Handyempfang ist nicht überall garantiert.

Mein persönliches Highlight

Der Sonnenaufgang am Preikestolen. Um 6 Uhr morgens war ich komplett allein auf dem Felsen, 604 Meter über dem Lysefjord. Der Nebel lichtete sich langsam, die Sonne brach durch – ein magischer Moment, den ich nie vergessen werde.

Tipps für eure eigene Motorrad-Tour nach Norwegen

  1. Plant realistisch: 200-300 km pro Tag sind genug. Die Straßen sind kurvig und Fotostopps häufig.
  2. Bucht die Fähre früh: 3-4 Monate vorher für beste Preise. Nutzt die norwegische Website.
  3. Nehmt ein Motorrad-Navi: Handyhalterungen halten oft nicht bei Vibrationen. Ein festes Navi ist Gold wert.
  4. Packt minimalistisch: Jedes Kilo zählt. Ich hatte zu viel dabei.
  5. Lernt ein paar norwegische Wörter: Die Locals freuen sich darüber!